Archiv für den Monat: November 2016

Von wegen Downwindsegeln…

22.11.2016, 1200 UTC, 129 sm, 244 sm gesamt

.. da geht man einmal ueber den Atlantik und dann das. Anstatt gemuetlich Downwind zu segeln in der Badehose frage ich mich, ob ich einen Schottlandtoern gebucht habe.
Erst hatten wir wenig Wind, dann Flaute, so dass wir den ganzen gestrigen Tag dieseln mussten und unser Etmal nur 115 sm betrug (vom Start um 13:00 bis zum Montag, 13:00). Waehrend meiner Nachtwache gegen 01:30 kam dann der Wind, aber von schraeg vorn. Seitdem machen wir gute Fahrt (immer so zwischen 6 und 7 kts) aber gegenan und nicht gemuetlich von hinten. D.h. auch, schoen brav weiterhin Fleece und Winterjacke tragen.
Damit sind wir aber noch gut bedient, denn die Yachten, die direkt nach Westen abgebogen sind, kommen jetzt in ein richtiges Sturmtief, dessen Auslaeufer wir wahrscheinlich nur durch ein paar Squalls und Wellen bis 3 m Hoehe zu spueren bekommen. Wir laufen weiterhin Richtung Kapverden und werden voraussichtlich in fünf Tagen dann direkten Kurs auf St. Lucia nehmen.
Die Stimmung an Bord ist ausgezeichnet. Am ersten Abend gab es schwaebische Maultaschen mit Salat, gestern haben wir nur gevespert und heute – mal sehen, was Conny so vorschlaegt. Frischen Fisch gibt es noch nicht, da die Angel in Anbetracht der Windverhaeltnisse und Wellenhoehe zur Zeit noch ein Schattendsein fuehrt.
Soviel erst einmal fuer heute.

Die erste Nacht ist bereits rum

21.11.2016, 82 sm
Mann, war das eine supertolle Show vor dem Start. Ueber 220 Yachten verlassen mehr oder weniger gleichzeitig die Marina, eine Band steht auf der Mole und spielt, Menschenmassen auf den Kais winken einem zu, Tuten und Getroete und dann waren wir im Startfeld. Wir kamen auch ganz gut weg, wurden dann aber leider einmal wegen des Gewichts der My Lady (der Wasserpass ist eigentlich so gut wie nicht mehr sichtbar), zum anderen aber auch wegen wenig Windes so ziemlich an das Ende durchgereicht. Das blieb leider auch waehrend der Nacht unveraendert.
Paul und Conny haben eben – aehnlich wie wir – ziemlich viele Sachen eingebaut, die das Schiff schwer machen. Hinzu kommen die ganzen Dosen mit Fleisch und Wurst, damit man in der Karibik wenigstens etwas an die Heimat erinnert wird 🙂
Und wenn dann auch noch der Wind wegbleibt, dann kann man sich nur noch in sein Schicksal ergeben.
Leider sagt die Wettervorhersage auch fuer die naechsten Tage voellig untypisches Wetter an: Es bleibt bewoelkt, schwachwindig und es ist mit Schauern zu rechnen. Hinzu kommt, dass es noch recht kalt ist. Heute nacht mussten lange Hosen, Fleece und Winterjacke herhalten. Der typische Passat laesst auf sich warten, weswegen wir auch erst einmal nach Sueden Richtung Kapverden laufen werden, bevor wir Richtung Westen abbiegen. Halt die klassische Route: Suedwaerts, bis die Butter schmilzt und dann auf der Barfussroute rueber. Zumindest einen Vorteil hat der Schwachwind aber: man wird auch ohne Reisetabletten nicht seekrank.

Einmal werden wir noch wach……

19.11.2016
… dann wird es ernst!
Die Woche war klasse: Wir haben jede Menge Seminare wie „Downwind sailing“, „emergency handling“, „weather“ und andere besucht. Nadine und ich haben uns vorsichtshalber auch noch „crossing the atlantic ocean on a catamaran“ angehört.
St. Lucia stellte sich vor, bei den abendlichen Sundownern kam man mit vielen anderen Seglern ins Gespräch, viele Dinge mussten eingekauft, ergänzt oder repariert werden und bis zum letzten Tag war immer etwas zu tun. Die Stimmung und Vorfreude aber auch die Spannung stiegen von Tag zu Tag. Mittwoch Abend war große Mottofete „Flowerpower“ und alle kamen in Hippieverkleidung, Donnerstag flog ein großer SAR Hubschrauber ein und demonstrierte die Aufnahme eines Schiffbrüchigen. Die Organisation ist wirklich gut. Am besten haben mir die folgenden Sprüche in den Seminaren gefallen:
“ you will have a lot of fun. It is really easy sailing, not as bad as the mediterraenian. It is a nice tradewind and downward sailing“
„The most dangerous on your trip will be the traffic in Las Palmas and the rumpunch in St. Lucia!“
Überall in der Marina hängen Anschläge von Männlein und Weiblein, die sich als Skipper, Maat, Maschinist oder einfach nur „Hand gegen Koje“ einen Platz auf einem der Schiffe sichern wollen (bestimmt 30 oder sogar mehr). In regelmäßigen Abständen kommt auch der eine oder andere vorbei und fragt direkt bei den Schiffen an.
Am Freitag haben Nadine und ich uns einen Leihwagen genommen und die Insel erkundet – mit wechselnden Gefühlen. Die Berge im Landesinneren sind sehr schön, um nicht zu sagen, imposant – aber die Hotelburgen im Süden sind ähnlich abschreckend wie die in Mallorca und an der spanischen Festlandsküste. Abends bin ich dann im Bett wie bei unseren Ausflügen auf Sardinien und Korsika Kurven gefahren 🙂

Einfach nur suuuuper gut!

12.11. 2016
Gestern sind wir reingeflogen und es war total lustig. Ich hatte mich während des Fluges mehrfach gefragt, was und warum ich das eigentlich mache und als ich dann auch noch kurz vor der Landung die hohen Wellen sehen konnte, im Spass zu Nadine gesagt, dass ich den nächsten Flieger zurücknehmen würde und lieber mit Snowy durch den Schnee spazieren ginge.
Rene (so eine Art: “ ich mache alles“-Mädchen in der Marina) hat uns und zwei Slowenen am Flughafen abgeholt. Denen ging es wie mir, was gleich zu heftigem Lachen im Auto führte, weil sie aber auch 100%ig die gleichen Gedanken gehabt hatten und wir alle erst, als wir in der Marina ankamen, feststellten, dass wir jetzt „really excited“ waren und das blöde Gefühl weg war.
Das ist aber auch total genial hier. Man lässt sich sofort von der Stimmung einfangen. Die Schiffe sind über die Toppen geflaggt, die Dauerlieger mussten aus der Marina raus für die ARC Flotte, man trifft viele Menschen aus vielen Nationen und alle sind natürlich total aufgeregt – aber im positiven Sinne! Bis jetzt sind erst 170 Boote eingetrudelt; rd. 50 werden noch bis zum Start am 20.11. erwartet.
Gestern Abend war wieder eine welcome Party mit gesponserten Getränken, Tapas und Liveband und es war einfach nur „awesome“, wie man in Amerika gerade sagen würde. Selbst Nadine liess sich von der Aufbruchsstimmung mitreissen und meinte: „ok, wenn Du zurückkommst und mir versichern kannst, dass es super toll war, würde ich doch mitfahren.“ Na, let’s wait and see, wie unsere Freundin Petra immer sagt.

Vorfreude? Mulmiges Gefühl? Respekt vor der Herausforderung?

09.11. 2016
Nur noch zwei Tage bis zum Abflug nach Las Palmas und alles von dem o.g. rumort in meinem Magen und meinem Hirn.
Ich freue mich wahnsinnig auf die kommenden Wochen, aber je näher der Start rückt, desto mulmigere Gefühle mischen sich auch in die Vorfreude. Ist schon eine lange Zeit auf dem Wasser und die Naturgewalten sind ja auch nicht zu verachten. Aber ich weiss auch ganz genau: egal, wie ich die Zeit erleben werde und egal, wie ich sie im Nachhinein bewerten werde: würde ich es nicht machen, würde ich es den Rest meines Lebens beklagen, es nicht gemacht zu haben. Und zusammen mit lieben Freunden wie Conny und Paul zu segeln, ist ja schon eine Bank! Schade nur, dass ich trotz intensiver Überredungsversuche bis zuletzt Nadine nicht dazu bewegen konnte, mitzusegeln.
Nachdem wir in den letzten Tagen schon Schneeballschlachten ausfechten konnten, Glühwein getrunken haben und ich die Weihnachtssachen vom Speicher geholt habe, damit Nadine nach ihrer Rückkehr das Haus schmücken kann, muss übermorgen der Schalter wieder auf Sommer, kurze Hosen und Tapas umgelegt werden. Nun, wenn ich ehrlich bin, ziehe ich sommerliches Wetter dem Winter vor. Paul schrieb heute, dass die My Lady alle Sicherheitsprüfungen anstandslos bestanden habe, die Stimmung einfach nur toll sei und insofern freuen wir uns sehr auf das Wiedersehen.
Hoffentlich können wir via KW nach dem Start regelmäßig Blogs absetzen, ich habe schon oft gehört, dass es im Mittelmeer deutlich besser geht als auf dem Atlantik. Das nächste Update kommt jetzt aus Las Palmas.